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Entscheidung




Zum Ersten: Keine Vermeidung ohne Entscheidung


Vor jeder Vermeidung steht eine Entscheidung. Noch einmal: Vor jeder Vermeidung steht eine Entscheidung. Genauer: Steht deine Entscheidung. Du entscheidest, eine Handlung nicht zu tun, die du eigentlich auszuführen möchtest. Z.B. das Vermeiden des Redens, weil du stotterst. Oder weil du Angst hast, blöd dazustehen mit deiner zitternden Stimme oder den roten Flecken am Hals. Oder weil du glaubst, dein Einwurf sei nicht durchdacht genug. Du entscheidest zu schweigen. Du selbst bevorzugst in diesem Augenblick das Vermeiden. Obwohl es dich hinterher quält. Obwohl dich dein Vermeiden seit Jahren schon ärgert. Du räumst ihm Vorfahrt ein. Du findest blitzschnell Gründe dafür, dies zu tun. Du entscheidest dich, etwas, was du tun wolltest, nicht zu tun.


Die Aussage, in diesem ersten Absatz, den du gerade gelesen hast, ist ein wenig zugespitzt formuliert. Natürlich gibt es eine Unmenge an Vermeidungen, die sinnvoll sind und wohldurchdacht. Die absichtsvoll und gut kalkuliert sind, z.B. den Dozenten, der dich demnächst beurteilen wird, lieber nicht in jedem Seminar zu kritisieren. Oder statt auf die übervolle Straßenbahn zu warten, lieber doch die zwei Stationen zu laufen. Vermeidungen sind – das leuchtet ein – nie prinzipiell schlecht. Die Frage ist nur: Bist du dir im Einzelfall bewusst, dass du immer, wenn du vermeidest, dies gedanklich abgesegnet hast. Du selbst trägst die Verantwortung dafür. Gäbe es andere Entscheidungen, die du treffen könntest? Die dich zu größeren Handlungsspielräumen führen würden?


In diesem Zusammenhang taucht das Thema Verharren auf. Zögern und Abwarten. Soll ich oder soll ich nicht? Soll ich das eine tun, oder lieber das andere? Wenn zwei Alternativen anstehen, redest du dir ein, dich zwischen zwei Dingen nicht entscheiden zu können – manches spräche für dies, manches für das – dabei hast du dich schon längst für die Ungewissheit entschieden, für den Zustand, die Dinge einfach zu belassen, wie sie sind. Du entscheidest dich fürs Nichtentscheiden. Und das kann ein Zustand sein, den du mit vielen Gründen vor dir und anderen zu rechtfertigen versuchst. Manche Gründe hören sich vielleicht plausibel an. Egal. Du hast dich fürs Abwarten und Zögern entschieden. Du kannst im Bett liegen bleiben oder nicht. Du kannst den Bus nehmen oder nicht. Du kannst den Mund auftun oder nicht. Du kannst dir Gründe herbeireden zu schweigen. Immer gibt es Entscheidungen, die du triffst, mal bewusster, mal weniger bewusst. Aber immer bist du dafür verantwortlich. Deine Entscheidungen leiten dich. So kommt es dazu, dass Veränderungen im Leben, die du dir wünscht, oft keine Chance bekommen.



Zum Zweiten: Keine Veränderung ohne Entscheidungen


Man könnte sich für die Annäherung entscheiden. Oder für das Wagnis. Oder für einen klitzekleinen Schritt. Oder gleich für einen großen Sprung nach vorn. Entscheidungen setzen das Ausprobieren in Gang, das Sammeln neuer Erfahrungen. Sich anders verhalten. In einer Kontaktsituation bleiben, statt sie zu verlassen. Sich zu einer kleinen Gesprächsrunde im Flur dazustellen. Selbst eine Unterhaltung starten, obwohl Stottern droht. In einer Gruppe eine kritische Meinung äußern, obwohl ungewiss ist, wie dies aufgenommen wird. Veränderungen ergeben sich durch den Zuwachs an eigenen Erfahrungen, Handlungsmöglichkeiten können ausgelotet werden. Was sind die Folgen? Es entstehen Freiheitsräume, neue Erkenntnisse und Sichtweisen. Die Selbstsicherheit wächst. Das eigene Lebensgefühl wird farbenfroh.


Zum Dritten: Und Deine Entscheidungen? Welche verschiebst du, welche stehen an?

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